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Der Junge am Flussufer

Aus: Prošelnikov & Andere Geschichten

Nicht weit von einem Flussufer entfernt, wo man das Rauschen des Wassers hören kann, liegt im feuchten Gras, und unter schattigem Himmel, ein kleiner Junge, seine Beine ausgestreckt, und seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt. Es ist Mittag. In der Erde greifen Baumwurzeln nach dem unterirdischen Wasser, und es krabbeln Insekten, Grashüpfer und Tausendfüßler durchs Gras, und auch Spatzen, die nach Würmern oder Ameisen suchen. Es riecht nach dem Duft süßer Blumen. Blickt der Junge in den Himmel, sieht er eine Wolke, und diese Wolke dämmt ein wenig das Licht der Mittagssonne. Und es ist schattig unter dem Baum, unter den er sich vor einer Stunde niederlegte, um dem Flusse zuzuhören. In seinem Brustkorb schlägt ein ruhiges Herz, und seine Augen sind geschlossen, aber sein Geist, seine Gedanken, sein Bewusstsein – alles scheint wach. Wie ein Wolf nimmt er die Natur um sich wahr. Er riecht die Rosenblumen, er schmeckt einen Grashalm, hört Spatzen pfeifen, fühlt den Fluss und seine sanften Arme und Hände. Abends liegt der Junge auf einem Baumstamm und blickt herab auf eine Brücke, die über den Fluss zum anderen Ufer führt. Und er hört dem Rauschen des Flusses, dem Lied der Natur, den Sternen zu. Er singt. Und summt ein langsames Lied. Wie ein Esel sitzt er auf diesem Baumstamme und sein Geist ermüdet in der warmen Abendsonne. Wie festgefroren ist sein Blick, und seine Augen wirken traurig und müde, und sein Geist fließt schwächer und schwächer. Es wird Nacht. Eine Eule setzt sich zu ihm, und der Junge blickt mit der Eule in den Sternenhimmel. Dort oben scheint der Mond, und in ihm leuchtet ein Auge, das wärmend, wie eine Mutter, oder ein herzensguter Vater, zu Erden hinabblickt. Fürsorglich wiegt der Mond seinen Jungen in den Schlaf. So vergeht ein Tag in diesem hellgleißenden Sommer.

© 2016, RAKI